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Bildung im Gesundheitswesen / Education in Health Care| Volume 155, P34-39, September 2020

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Das Allgemeinarztbarometer A – ein Instrument zur Erhebung von primärärztlichen Kompetenzen in der medizinischen Ausbildung

  • Thomas Kötter
    Correspondence
    Korrespondenzadresse. Priv.-Doz. Dr. med. Thomas Kötter, MPH, Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Ratzeburger Allee 160, Haus V50. 23562 Lübeck, Deutschland.
    Affiliations
    Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Lübeck, Deutschland

    Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Lübeck, Deutschland
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  • Silvia Isabelle Rose
    Affiliations
    Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Lübeck, Deutschland

    Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Lübeck, Deutschland
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  • Katja Götz
    Affiliations
    Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Lübeck, Deutschland
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  • Jost Steinhäuser
    Affiliations
    Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Lübeck, Deutschland
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Open AccessPublished:August 11, 2020DOI:https://doi.org/10.1016/j.zefq.2020.06.009

      Zusammenfassung

      Hintergrund

      Ein Ziel in der medizinischen Ausbildung stellt die Entwicklung von ärztlichen Kompetenzen dar. Sowohl für das Medizinstudium, das nach seiner momentan in Umsetzung befindlichen Reform deutlich primärmedizinischer geprägt sein wird, als auch für die Weiterbildung Allgemeinmedizin liegen kompetenzbasierte Curricula vor. Als deutschsprachiges Instrument für die Einschätzung von primärmedizinischen Kompetenzen in der Weiterbildung wurde das Allgemeinarztbarometer, bisher vorwiegend für die Selbsteinschätzung, verwendet.
      Ziel der vorliegenden Studie war es, den Einsatz dieses Instrumentes als Allgemeinarztbarometer A (ABA) als Fremdeinschätzungsinstrument für primärmedizinische Kompetenzen in der medizinischen Ausbildung zu erproben und grundlegende psychometrische Eigenschaften zu analysieren.

      Methode

      Lehrärzt*innen einer medizinischen Fakultät in Deutschland beurteilten Studierende nach einem zweiwöchigen Blockpraktikum Allgemeinmedizin im fünften Studienjahr mit Hilfe des ABA (9 Item-Fremdeinschätzungsversion). Nach Aufbereitung der Daten und Darstellung grundlegender Verteilungen führten wir eine explorative und anschließend eine konfirmatorische Faktorenanalyse durch. Die gefundene Faktorenstruktur wurde auf ihre interne Konsistenz geprüft.

      Ergebnisse

      Es konnten n = 150 ausgefüllte Fragebögen in die Analysen eingeschlossen werden. Für ein Item zeigte sich eine hohe Anzahl fehlender Werte (Antwortmöglichkeit „Kann ich nicht beurteilen.“). Im Rahmen der explorativen Faktorenanalyse zeigte sich eine Zwei-Faktor-Lösung („Patientenbezogene Fähigkeiten“ und „Hausärztliche Entscheidungsfindung“), drei Items wurden aufgrund nicht eindeutiger Zuordenbarkeit entfernt. Die konfirmatorische Faktorenanalyse bestätigte die gefundene Faktorenstruktur. Die beiden Faktoren zeigten mit einem Cronbach's α von 0,73 und 0,84 eine moderate bis sehr gute interne Konsistenz.

      Diskussion

      Die vorliegende Studie liefert eine erste Analyse des ABA für den Einsatz in der medizinischen Ausbildung. Die gefundene zweidimensionale Struktur zeigt unter Verzicht auf drei in dieser Erhebung noch verwendete Items eine hohe Anpassungsgüte. Die Analyse fehlender Werte ergab eine hohe Anzahl von „Kann ich nicht beurteilen“-Angaben für die Einschätzung des Entwicklungsstatus von Strategien gegen Burnout.

      Schlussfolgerungen

      Das ABA scheint in einer 6-Item-Version grundsätzlich als Fremdeinschätzungsinstrument für primärmedizinische Kompetenzen in der medizinischen Ausbildung geeignet. Die Vollständigkeit der Erfassung sowie die Fremdbeurteilbarkeit bestimmter Aspekte im Setting Medizinstudium sollten in weiteren Studien eingehender betrachtet werden.

      Abstract

      Introduction

      The primary goal of medical education and training is to develop clinical competencies. Competency-based curricula exist for both medical education which – once the current reform is implemented – will be geared more towards primary care, and specialty training for General Practice. The “Allgemeinarztbarometer” is a German-language instrument to assess primary care competencies during specialty training and has so far been mainly used as a self-assessment tool.
      The aim of this study was (i) to test the application of the “Allgemeinarztbarometer” in the context of medical education as an external assessment tool (in its “Allgemeinarztbarometer A [ABA]” version) and (ii) to evaluate its basic psychometric properties.

      Methods

      Physicians involved in teaching were asked to assess medical students after a two-week internship in General Practice during their fifth year of study using the ABA (9-item external assessment version). After data processing and displaying basic distributions, we conducted exploratory factor analysis, followed by confirmatory factor analysis. The detected factor structure was then tested for internal consistency.

      Results

      A total of 150 completed questionnaires were included in the analysis. One item showed a high number of missing values (response option “Not assessable”). Exploratory factor analysis indicated a two-factor structure (“Patient-oriented skills” and “General Practice decision-making”). Three items were not unambiguously assignable and hence erased. Confirmatory factor analysis validated the identified factor structure. The two factors showed a Cronbach's α of 0.73 and 0.84 (moderate to very good internal consistency).

      Discussion

      Our study provides a first analysis of the ABA in the context of medical education. The detected two-dimensional structure shows a high goodness-of-fit when giving up three items still used in this survey. The analysis of missing data showed a high number of “I can’t say” answers when assessing the development of strategies against burnout.

      Conclusions

      The ABA (6-item version) seems to be a suitable tool for the external assessment of General Practice competencies in the context of medical education. Further studies are needed to evaluate both the completeness of the assessment and the external assessability of certain items in the context of medical education.

      Schlüsselwörter

      Keywords

      Einleitung

      In den letzten Jahren haben kompetenzbasierte Curricula national und international Einzug in die ärztliche Aus- und Weiterbildung gehalten [
      • Leung W.C.
      Competency based medical training: review.
      ,
      • Iobst W.F.
      • Sherbino J.
      • Cate O.T.
      • Richardson D.L.
      • Dath D.
      • Swing S.R.
      • Harris P.
      • Mungroo R.
      • Holmboe E.S.
      • Frank J.R.
      Competency-based medical education in postgraduate medical education.
      ]. Ziel des in Deutschland für die medizinische Ausbildung entwickelten Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkataloges Medizin ist es beispielsweise, Kompetenzen aufzuzeigen, die für eine umfassende Gesundheitsversorgung der Bevölkerung erforderlich sind [

      Gesellschaft für medizinische Ausbildung, Medizinischer Fakultätentag e. V., Vereinigung der Hochschullehrer für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde. Nationaler Kompetenzbasierter Lernzielkatalog Medizin. http://www.nklm.de/kataloge/nklm/lernziel/uebersicht, 2015 (zuletzt zugegriffen am 21. Juli 2020).

      ]. Eine Neustrukturierung des Medizinstudiums, mit der Umsetzung des Masterplans Medizinstudium 2020 derzeit in Arbeit, hin zu einer klar primärmedizinisch orientierten kompetenzorientieren ärztlichen Ausbildung wird vom Wissenschaftsrat in seinem Gutachten von 2018 explizit gefordert [
      Wissenschaftsrat
      Neustrukturierung des Medizinstudiums und Änderung der Approbationsordnung für Ärzte.
      ]. Für die ärztliche Weiterbildung in Deutschland ist die 2018 beschlossene Musterweiterbildungsordnung (MWBO) maßgeblich, die erstmals ebenfalls kompetenzbasiert formuliert wurde: Die Weiterbildungsbezeichnung (z.B. Fachärztin/Facharzt für Allgemeinmedizin) ist laut MWBO „der Nachweis für erworbene Kompetenz“ [
      Bundesärztekammer
      ].
      Für die Fachspezialisierung in Allgemeinmedizin existiert seit 2015 ein Curriculum, welches von der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin entwickelt und evaluiert wurde [
      • Steinhäuser J.
      • Chenot J.F.
      • Roos M.
      • Ledig T.
      • Joos S.
      Competence-based curriculum development for general practice in Germany: a stepwise peer-based approach instead of reinventing the wheel.
      ,

      Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Kompetenzbasiertes Curriculum Allgemeinmedizin. https://www.degam.de/files/Inhalte/Degam-Inhalte/Sektionen_und_Arbeitsgruppen/Sektion_Weiterbildung/Curriculum_01-10-15_neu.pdf, 2015 (zuletzt zugegriffen am 21. Juli 2020).

      ]. Es basiert auf dem kanadischen CanMEDS-Framework, das auch eine Grundlage bei der Entwicklung des NKLM war [

      J.R. Frank (Hrsg.). The CanMEDS 2005 physician competency framework. Better standards. Better physicians. Better care. http://www.ub.edu/medicina_unitateducaciomedica/documentos/CanMeds.pdf 2015 (zuletzt zugegriffen am 21. Juli 2020).

      ]. Als spezifisch in der Primärversorgung wichtige Kompetenzen werden u.a. ein Verständnis für die Krankheitskonzepte der Patient*innen, die Fähigkeit zur gemeinsamen Entscheidungsfindung, ein holistisches Fallverständnis, die Fähigkeit zum Umgang mit diagnostischer Unsicherheit und damit verbundenen Strategien wie abwartendes Offenhalten und Stufendiagnostik definiert [

      Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Fachdefinition. https://www.degam.de/fachdefinition.html, 2002.(zuletzt zugegriffen am 07. Mai 2020).

      ].
      Um Ausgangslage und Entwicklung hinsichtlich Kompetenzen für eine Tätigkeit in der Primärversorgung während der Aus- und Weiterbildung beurteilen zu können, wurde im Kontext der Verbundweiterbildungplus ein spezifisches Erhebungsinstrument, das sogenannte Allgemeinarztbarometer entwickelt und in verschiedenen Studien eingesetzt [
      • Steinhäuser J.
      • Roos M.
      • Haberer K.
      • Ledig T.
      • Peters-Klimm F.
      • Szecsenyi J.
      • Joos S.
      [Report from general practice: the composite graduate education(plus) program of the Baden-Württemberg General Practice Competence Center - development, implementation and prospects].
      ,
      • Schwill S.
      • Magez J.
      • Joos S.
      • Steinhäuser J.
      • Ledig T.
      • Rubik A.
      • Niebling W.
      • Szecsenyi J.
      • Flum E.
      New paths in post-graduate medical training in general practice - 8 years of experience with the pilot project Verbundweiterbildungplus Baden-Württemberg.
      ,
      • Steinhäuser J.
      • Ledig T.
      • Szecsenyi J.
      • Eicher C.
      • Engeser P.
      • Roos M.
      • Bungartz J.
      • Joos S.
      Train the Trainer for general practice trainer - a report of the pilot within the programme Verbundweiterbildung plus.
      ,
      • Karsch-Völk M.
      • Jäkel K.
      • Schneider A.
      • Rupp A.
      • Hörlein E.
      • Steinhäuser J.
      [Evaluation of GP specialty training in Bavaria - An online survey among postgraduate trainees].
      ]. Mittels des Allgemeinarztbarometers werden in Anlehnung an die Kompetenzfelder des CanMEDS-Frameworks (sog. CanMEDS-Rollen) für eine primärärztliche Tätigkeit relevante Kompetenzen erfasst.
      Bislang ist das Allgemeinarztbarometer vornehmlich als Selbsteinschätzungsinstrument im Rahmen der Weiterbildung verwendet worden. Im Kontext einer zunehmenden Feedbackkultur zu den erworbenen Kompetenzen wird die Fremdeinschätzung im Rahmen der ärztlichen Ausbildung immer relevanter und es werden hierfür valide Erhebungsinstrumente benötigt. In Deutschland steht derzeit nach unserer Kenntnis dafür bisher kein validiertes Instrument zur Verfügung. Vor dem Hintergrund der anstehenden Reform des Medizinstudiums mit dem Ziel einer primärmedizinischen Orientierung ist wichtig, primärmedizinische Kompetenzen der Lernenden valide beurteilen und rückmelden zu können [
      • Epstein R.M.
      Assessment in medical education.
      ]. Solches Assessment und Feedback sind Grundlage für eine Verbesserung der Ausbildung zukünftiger Ärztinnen und Ärzte und damit auch der Versorgungsqualität. Dies wird vor allem in der Weiterbildung in anderen Ländern in Form der Beurteilung sogenannter Entrustable Professional Activities (EPA; dt. anvertraubare professionelle Tätigkeiten) durchgeführt [
      • Bonnie L.H.A.
      • Visser M.R.M.
      • Bont J.
      • Kramer A.W.M.
      • von Dijk N.
      Trainers’ and trainees’ expectations of entrustable professional activities (EPAs) in a primary care training programme.
      ]. In der medizinischen Ausbildung ist Assessment und Feedback nach diesem Konzept auch international noch nicht verbreitet.
      Ziel der vorliegenden Studie war es daher, erste Hinweise auf die psychometrischen Eigenschaften (u.a. interne Validität, Faktorenstruktur) des Allgemeinarztbarometer A (ABA) als Messinstrument zur Fremdeinschätzung primärmedizinischer Kompetenzen für den Einsatz in der medizinischen Ausbildung zu gewinnen.

      Material und Methoden

      Rekrutierung und Datenerhebung

      Teilnehmer*innen der Studie waren Lehrärzt*innen der Universität zu Lübeck , die zwischen Wintersemester (WS) 2016/2017 und WS 2017/18 Studierende im Blockpraktikum Allgemeinmedizin betreuten. Am Ende des zweiwöchigen, im fünften Studienjahr stattfindenden Blockpraktikums in den Lehrpraxen werden die Studierenden anhand von acht Items auf einer Schulnotenskala (1 bis 6) beurteilt. Hierzu wird ein einfacher Mittelwert aus den Schulnoten der Einzelitems (u.a. „Wahrnehmung und Erfassung des Wesentlichen in Anamnese und Befund“, „Fähigkeit, zweckmäßige Konzepte zur weiteren Diagnostik und Problemlösung zu entwerfen“, Beurteilung einer Falldokumentation) gebildet. Zusätzlich zur üblichen Benotung der Studierenden füllten die Lehrärzt*innen einen (Papier-)Fragebogen zur Einschätzung psychosozialer Kompetenzen der Studierenden aus, der das ABA enthielt. Die Studierenden waren vorher über die Befragung der Lehrärzt*innen aufgeklärt worden und es wurden denjenigen Lehrärzt*innen Fragebögen zugesandt, deren Studierende schriftlich in die Studie eingewilligt hatten. Der Zeitaufwand zum Ausfüllen des ABA liegt bei unter 5 Minuten. Als Anreiz zur Teilnahme erhielten teilnehmende Lehrärzt*innen und Studierende einen Gutschein im Wert von fünf Euro. Die Beurteilung durch den Lehrarzt/die Lehrärztin wurde den Studierenden nicht direkt zur Verfügung gestellt, konnte jedoch, zusätzlich zur sonst üblichen Benotung (s.o.), als Grundlage für ein strukturiertes Feedbackgespräch verwendet werden.

      Fragebogen

      Für die Einschätzung der Studierenden durch die Lehrärzt*innen verwendeten wir eine neun Items umfassende Version des ABA, deren Items als Fremdeinschätzung formuliert waren („Ich konnte mich davon überzeugen, dass der/die Studierende…“, siehe [Tab. 1]). Die Antwortmöglichkeiten entsprechen einer 5-stufigen Likert-Skala von 1 = trifft voll und ganz zu bis 5 = trifft gar nicht zu. Zusätzlich hatten die Lehrärzt*innen die Möglichkeit, je Item die Antwortmöglichkeit „Kann ich nicht beurteilen“ zu wählen. Das ABA wurde aus dem Allgemeinarztbarometer entwickelt, welches ursprünglich als Selbsteinschätzungsinstrument für Ärzt*innen in Weiterbildung verwendet wurde [
      • Steinhäuser J.
      • Roos M.
      • Haberer K.
      • Ledig T.
      • Peters-Klimm F.
      • Szecsenyi J.
      • Joos S.
      [Report from general practice: the composite graduate education(plus) program of the Baden-Württemberg General Practice Competence Center - development, implementation and prospects].
      ,
      • Schwill S.
      • Magez J.
      • Joos S.
      • Steinhäuser J.
      • Ledig T.
      • Rubik A.
      • Niebling W.
      • Szecsenyi J.
      • Flum E.
      New paths in post-graduate medical training in general practice - 8 years of experience with the pilot project Verbundweiterbildungplus Baden-Württemberg.
      ,
      • Steinhäuser J.
      • Ledig T.
      • Szecsenyi J.
      • Eicher C.
      • Engeser P.
      • Roos M.
      • Bungartz J.
      • Joos S.
      Train the Trainer for general practice trainer - a report of the pilot within the programme Verbundweiterbildung plus.
      ,
      • Karsch-Völk M.
      • Jäkel K.
      • Schneider A.
      • Rupp A.
      • Hörlein E.
      • Steinhäuser J.
      [Evaluation of GP specialty training in Bavaria - An online survey among postgraduate trainees].
      ]. Vor Übernahme der Items für unsere Studie erfolgten keine kognitiven Interviews zur Evaluation der (zu diesem Zeitpunkt schon etablierten) Items. Zusätzlich wurden Alter und Geschlecht der eingeschätzten Studierenden erfasst.
      Tabelle 1Itemformulierungen.
      Item Nr.Ich konnte mich davon überzeugen, dass der/die Studierende…
      1…ein gutes Verständnis über spezifische Entscheidungsfindungsprozesse in der Allgemeinmedizin (z.B. „abwartendes Offenhalten“) hat.
      2…mit diagnostischer Unsicherheit umgehen kann.
      3…von seinen/ihren kommunikativen Fähigkeiten her Patient*innen (z.B. für Beratungen) da „abholen kann, wo sie sind“.
      4…einen „ganzheitlichen Blick“ auf Patienten hat.
      5…Patient*innen in medizinische Entscheidungen partizipativ mit einbeziehen kann.
      6…sich eine Haltung angeeignet hat, die ihm/ihr ein „lebenslanges Lernen“ ermöglicht.
      7…für die hausärztliche Tätigkeit körperlich belastbar ist.
      8…Strategien gegen „Burnout“ entwickelt hat.
      9…entscheidungsfreudig bei seiner Arbeit ist.

      Statistische Analysen

      Kategoriale Variablen werden im Folgenden mit absoluten Häufigkeiten und prozentualen Häufigkeiten angegeben. Für Daten mit einem Verhältnisskalenniveau berichten wir Mittelwert (M) und Standardabweichung (SD). Weiterhin wurde für jedes Item Schiefe und Kurtosis berechnet. Schiefe und Kurtosis dienten zur Betrachtung der Verteilung der Items. Eine negative Schiefe entsprach eher einer rechtssteilen Verteilung und eine positive Schiefe einer linkssteilen Verteilung. Eine Kurtosis kleiner Null deutete auf eine breitgipflige Verteilung und einer Kurtosis größer Null auf eine schmalgipflige Verteilung hin. Eine symmetrische Verteilung liegt dann vor, wenn sowohl Schiefe als auch Kurtosis den Wert Null annehmen [
      • Bühner M.
      Einführung in die Test- und Fragebogenkonstruktion. 2. Auflage. Pearson Studium.
      ]. Um die Struktur des Fragebogens zu analysieren, führten wir zunächst eine explorative Faktorenanalyse durch. Zunächst prüften wir den Datensatz mittels Bartlett-Test und Ermittlung des Kaiser-Meyer-Olkin Measure of Sampling Adequacy (KMO). Anschließend führten wir eine Hauptkomponentenanalyse mit Varimax-Rotation durch. Die Anzahl der Faktoren wurden mittels Scree-Plot und Eigenwert-Analyse ermittelt. Im Anschluss daran erfolgte die Durchführung einer konfirmatorischen Faktorenanalyse, um das zugrundliegende Konstrukt aus der explorativen Faktorenanalyse zu bestätigen. Die Güte der Modellanpassung wurde mittels verschiedener Indizes getestet. Die inkrementelle Anpassungsgüte der Modelle wurde anhand des Tucker Lewis Index (TLI) und des Comparative Fit Index (CFI) ermittelt, wobei Werte über 0,90 eine akzeptable Anpassungsgüte beschreiben. Zusätzlich wurde der Root Mean Square Error of Approximation (RMSEA), der nicht größer als 0,10 sein sollte, zur Beurteilung der Anpassungsgüte herangezogen [
      • Schermelleh-Engel K.
      • Moosbrugger H.
      • Müller H.
      Evaluating the fit of structural equation models: Tests of significance and descriptive goodness-of-fit measures.
      ]. Die explorative Faktorenanalyse diente dazu, die Anzahl der vorhandenen Items auf einen kleineren Satz an Faktoren zu reduzieren und diente dabei als hypothesengenerierendes Verfahren. Die im Anschluss erfolgte konfirmatorische Faktorenanalyse, ein hypothesenprüfendes Verfahren, diente der Überprüfung der ermittelten Faktoren aus der explorativen Faktorenanalyse. Um die interne Konsistenz der gefundenen Faktoren zu überprüfen, ermittelten wir Cronbach's α. Dabei beurteilten wir Werte über 0,60 als moderate und Werte über 0,80 als sehr gute interne Konsistenz [

      L.J. Cronbach. Coefficient Alpha and the internal structure of tests. Psychometrika 16 (195) 297-334. https://doi.org/10.1007/BF02310555.

      ]. Alle Analysen wurden mit SPSS Version 25.0 (SPSS Inc., Chicago IL, USA) durchgeführt. Die konfirmatorische Faktorenanalyse erfolgte mit dem Zusatzpaket SPSS2LAVAAN.

      Ethik/Datenschutz

      Für die Studie liegt ein zustimmendes Votum der Ethikkommission der Universität zu Lübeck vor (Aktenzeichen 16-143). Die Eingabe der Fragebogendaten in SPSS erfolgte ohne personenbezogene Daten. Die Originalfragebögen werden den rechtlichen Grundlagen entsprechend aufbewahrt und vor fremden Zugriff geschützt.

      Ergebnisse

      Studienpopulation

      Von 165 versandten Fragebögen erhielten wir 162 (98%) ausgefüllt zurück. Verwertbare Beantwortungen des ABA enthielten 150 Fragebögen (91% der versandten Fragebögen). Die eingeschätzten Studierenden waren im Mittel 25,8 Jahre alt (SD = 4,02) und zu 70% weiblich.

      Items des Allgemeinarztbarometers

      Die Verteilungshäufigkeiten sowie weitere statistische Werte sind [Tab. 2] zu entnehmen. Auffallend war die hohe Anzahl (n = 69) von „Kann ich nicht beurteilen“ als Antwortmöglichkeit bei Item 8 (Ich konnte mich davon überzeugen, dass der/die Studierende Strategien gegen „Burnout“ entwickelt hat). Weiterhin wurde in n = 14 Fällen nicht beurteilt, ob der/die Studierende sich eine Haltung angeeignet hat, die ihm/ihr ein „lebenslanges Lernen“ ermöglicht (Item 6) und in n = 11 Fällen, ob der/die Studierende Patienten in medizinische Entscheidungen partizipativ mit einbeziehen kann. Die Häufigkeiten für fehlende Angaben lagen bei allen neun Items nahe dem Zahlenwert Null.
      Tabelle 2Verteilungshäufigkeiten und statistische Werte für die Allgemeinarztbarometer-Items (n = 150).
      Item Nr.gültige Ant-worten
      Antwortmöglichkeit von 1=trifft voll und ganz zu bis 5=trifft gar nicht zu
      „Kann ich nicht beurteilen“weitere fehlende WerteMW (SD)95% KISchiefeKurtosisDiskrimination
      Cronbach's α, wenn das Item weggelassen wird
      1150001,81 (0,76)1,68-1,930,720,230,90
      2148111,94 (0,75)1,82-2,060,40-0,290,90
      3149101,84 (0,85)1,70-1,980,79-0,020,90
      4146311,97 (0,90)1,82-2,110,881,020,89
      51371122,05 (0,81)1,91-2,190,42-0,290,89
      61361401,59 (0,77)1,46-1,721,563,250,89
      7144511,41 (0,68)1,30-1,522,206,600,90
      8796921,90 (0,81)1,72-2,080,780,410,90
      9149101,96 (0,88)1,82-2,100,810,440,89
      a Antwortmöglichkeit von 1 = trifft voll und ganz zu bis 5 = trifft gar nicht zu
      b Cronbach's α, wenn das Item weggelassen wird
      Die interne Konsistenz bestimmt durch Cronbach's α lag für das ABA bei α = 0,91.

      Explorative Faktorenanalyse

      Die Struktur des Allgemeinarztbarometers wurde mittels einer explorativen Faktoranalyse geprüft. Sowohl der Bartlett-Test (Chi-Quadrat(36) = 338,18, p < 0,001) als auch das KMO (0,886) wiesen darauf hin, dass sich die Variablen für eine Faktoranalyse eigneten. So wurde eine Hauptkomponentenanalyse mit Varimax-Rotation durchgeführt.
      Obwohl diese auf das Vorliegen von nur einem Faktor mit einem Eigenwert grösser als 1.0 hinwies, wurde aufgrund des Screeplots und theoretischer Überlegungen eine Zwei-Faktor-Lösung gewählt, welche 67% der Varianz erklärt. Die rotierte Komponentenmatrix findet sich in [Tab. 3].
      Tabelle 3Rotierte Komponentenmatrix mit Faktorladungen.
      Item Nr.Komponente 1Komponente 2
      80,830,14
      50,770,31
      40,710,47
      30,680,28
      60,610,49
      20,200,84
      10,260,84
      90,530,62
      70,500,56
      Damit lagen zwei Faktoren vor: „Patient*innenbezogene Fähigkeiten“ (zu Item 8 siehe Diskussion) und „Hausärztliche Entscheidungsfindung“. Die gefundenen Querladungen deuteten an, dass die drei Items „Ich konnte mich davon überzeugen, dass der/die Studierende sich eine Haltung angeeignet hat, die ihm/ihr ein ‚lebenslanges Lernen‘ ermöglicht“ (Item 6), „…für die hausärztliche Tätigkeit körperlich belastbar ist.“ (Item 7) und „…entscheidungsfreudig bei seiner Arbeit ist.“ (Item 9) nicht eindeutig einem der Faktoren zugeordnet werden konnte.
      In der Wiederholung der Faktorenanalyse ohne diese Items ([Tab. 4]; Bartlett-Test (Chi-Quadrat(15) = 196,72, p < 0,001) als auch das KMO (0,827) bestätigte sich eine Zwei-Faktor-Lösung [Tab. 5], welche 73% der Varianz erklärte.
      Tabelle 4Rotierte Komponentenmatrix mit Faktorladungen nach Wiederholung ohne Items 6, 7 und 9.
      Item Nr.Komponente 1Komponente 2
      80,820,14
      50,800,25
      40,740,45
      30,700,34
      20,240,87
      10,290,84
      Tabelle 5Resultierende Faktorenstruktur des ABA.
      FaktorItemItems (Ich konnte mich davon überzeugen, dass der/die Studierende…)
      Patient*innenbezogene Fähigkeiten3…von seinen/ihren kommunikativen Fähigkeiten her Patient*innen (z.B. für Beratungen) da „abholen kann, wo sie sind“.
      4…einen „ganzheitlichen Blick“ auf Patient*innen hat.
      5…Patient*innen in medizinische Entscheidungen partizipativ mit einbeziehen kann.
      8…Strategien gegen „Burnout“ entwickelt hat.
      Hausärztliche Entscheidungsfindung2…mit diagnostischer Unsicherheit umgehen kann.
      1…ein gutes Verständnis über spezifische Entscheidungsfindungsprozesse in der Allgemeinmedizin (z.B. „abwartendes Offenhalten“) hat.

      Konfirmatorische Faktorenanalyse

      Die konfirmatorische Faktorenanalyse ergab einen TLI von 0,991, einen CFI von 0,995 und einen RMSEA von 0,039, wodurch die getestete Faktorenstruktur überprüft wurde. Die Zwei-Faktor-Lösung konnte durch diese Analyse hinsichtlich der zu berechneten Paramatern zur Anpassungsgüte (TLI, CFI und RMSEA) bestätigt werden.

      Interne Konsistenz

      Die interne Konsistenz (Cronbach‘s α) der zwei Faktoren betrug α = 0,84 für „Patient*innenbezogene Fähigkeiten“ und α = 0,73 für „Hausärztliche Entscheidungsfindung“, was darauf hindeutete, dass die Items sich in den jeweiligen Faktoren sehr gut widerspiegelten.

      Diskussion

      Die vorliegende Studie liefert eine erste Analyse des ABA als Fremdeinschätzungsinstrument in der medizinischen Ausbildung. Es zeigte sich eine zweidimensionale Struktur, welche unter Verzicht auf drei in dieser Erhebung noch verwendete Items eine hohe Anpassungsgüte zeigt. Die Analyse fehlender Werte ergab eine hohe Anzahl von „Kann ich nicht beurteilen“-Angaben für die Einschätzung des Entwicklungsstatus von Strategien gegen Burnout.
      Hinsichtlich der nicht eindeutigen Zuordenbarkeit des Item 7 („Ich konnte mich davon überzeugen, dass der/die Studierende für die hausärztliche Tätigkeit körperlich belastbar ist.“) zu einer der beiden Dimensionen zeigten sich eine Parallele zur Entwicklung der deutschsprachigen Version eines international gängigen Instruments (National Aeronautics and Space Administration-Task Load Index [
      • Flägel K.
      • Galler B.
      • Steinhäuser J.
      • Götz K.
      [The “National Aeronautics and Space Administration-Task Load Index” (NASA-TLX) - an instrument for measuring consultation workload within general practice: evaluation of psychometric properties].
      ]) zur Erfassung der Arbeitsbelastung in der hausärztlichen Sprechstunde: Auch hier wich das Item „Körperliche Anforderungen“ bezüglich der Faktorenladung deutlich von den übrigen Items (u.a. zu den geistigen Anforderungen, zum Zeitdruck und zur Frustration) ab. In dieser Studie zeigte sich für „Körperliche Anforderungen“ der mit Abstand geringste Mittelwert bei gleichzeitig den meisten fehlenden Werten. Dies könnte darauf hindeuten, dass körperliche Anforderungen bzw. die körperliche Belastbarkeit ein Aspekt hausärztlicher Tätigkeit ist, der für das Kompetenzprofil von untergeordneter Bedeutung ist.
      Die erste der beiden identifizierten Dimensionen, „Hausärztliche Entscheidungsfindung“, lässt sich am ehesten der zentralen CanMeds-Rolle „Medical expert“ zuordnen. Diese enthält unter anderem die Elemente „Diagnostic reasoning“ und „Clinical decision-making“ [

      J.R. Frank (Hrsg.). The CanMEDS 2005 physician competency framework. Better standards. Better physicians. Better care. http://www.ub.edu/medicina_unitateducaciomedica/documentos/CanMeds.pdf 2015 (zuletzt zugegriffen am 21. Juli 2020).

      ]. Die entsprechenden Items des ABA fragen dabei nach allgemeinmedizin-spezifischen Kompetenzen des Umgangs mit diagnostischer Unsicherheit und z.B. dem sogenannten abwartenden Offenhalten der Diagnose als Technik der Entscheidungsfindung im Niedrigprävalenzbereich nach Ausschluss von abwendbar gefährlichen Verläufen [

      Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Fachdefinition. https://www.degam.de/fachdefinition.html, 2002.(zuletzt zugegriffen am 07. Mai 2020).

      ].
      Die zweite der beiden identifizierten Dimensionen, „Patientinnenbezogene Fähigkeiten“ lässt sich am ehesten der CandMeds-Rolle „Communicator“ mit ihren Elementen „Shared decision-making“, „Patient-centered approach to communication“ und „Empathy“ zuordnen [

      J.R. Frank (Hrsg.). The CanMEDS 2005 physician competency framework. Better standards. Better physicians. Better care. http://www.ub.edu/medicina_unitateducaciomedica/documentos/CanMeds.pdf 2015 (zuletzt zugegriffen am 21. Juli 2020).

      ]. Sie enthält aber auch ein wichtiges Element der Rolle „Professional“ („Sustainable practice and physician health“), das sich inhaltlich auf den ersten Blick nicht direkt dem Begriff „Patientinnenbezogene Fähigkeiten“ zuordnen lässt. Führt man sich die zuletzt auch in der Neufassung des Genfer Gelöbnisses erfolgte kausale Verknüpfung zwischen Gesundheit und Wohlbefinden von Ärztinnen und Ärzten und der Qualität der Versorgung vor Augen [

      World Medical Association. WMA Declaration of Geneva. https://www.wma.net/policies-post/wma-declaration-of-geneva/,2017 (zuletzt zugegriffen am 21. Juli 2020)

      ,
      • Panagioti M.
      • Geraghty K.
      • Johnson J.
      • Zhou A.
      • Panagopoulou E.
      • Chew-Graham C.
      • Peters D.
      • Hodkinson A.
      • Riley R.
      • Esmail A.
      Association Between Physician Burnout and Patient Safety Professionalism, and Patient Satisfaction.
      ], so erscheint es durchaus sinnvoll, der statistischen Zuordnung des Items 8 („Ich konnte mich davon überzeugen, dass der/die Studierende Strategien gegen ’Burnout’ entwickelt hat.“) zur Dimension „Patientenbezogene Fähigkeiten“ auch inhaltlich zu folgen.
      Nach unserer Kenntnis existiert derzeit kein anderes deutschsprachiges Erhebungsinstrument für primärmedizinische Kompetenzen in der Ausbildung. Auf internationaler Ebene ist am ehesten vergleichbar die Competency Assessment List (Compass) [
      • Tromp F.
      • Vernooij-Dassen M.
      • Grol R.
      • Kramer A.
      • Bottema B.
      Assessment of CanMEDS roles in postgraduate training: the validation of the Compass.
      ]. Dieses Instrument ist allerdings dafür entwickelt worden, Kompetenzen auf der „does“-Ebene der Miller-Pyramide [
      • Miller G.E.
      The assessment of clinical skills/competence/performance.
      ] einzuschätzen. Dieses Kompetenzniveau wird zumindest in der medizinischen Ausbildung in Deutschland (noch) nicht auf breiter Ebene für spezifisch-primärztliche Kenntnisse und Fähigkeiten erreicht. Eine Ergänzung des ABA in diese Richtung ist zukünftig jedoch sinnvoll, um die Qualität der Ausbildung und damit auch der Versorgung zu überprüfen und zu verbessern.

      Stärken und Schwächen

      Mit dem ABA liegt erstmals ein Fremdeinschätzungsinstrument für primärärztliche Kompetenzen vor, dessen Einsatz im Kontext Medizinstudium erprobt wurde. Die Erprobung im Kontext des Blockpraktikums Allgemeinmedizin ist in diesem Zusammenhang als Stärke der Studie zu werten: Die teilnehmenden Ärzt*innen betreuen die Studierenden 2 Wochen lang in einem 1:1-Verhältnis. Ein derart intensiver Kontakt besteht in keiner anderen curriculären Lehrveranstaltung im klinischen Studienabschnitt. Zudem ist das Instrument damit in einem geeigneten Setting für seinen Einsatz in der Lehrroutine erprobt worden: Die Beurteilung bietet sich als Grundlage für ein strukturiertes Feedback am Ende des Blockpraktikums an. Insbesondere, wenn gleichzeitig Angebote zur gezielten Entwicklung bisher noch unterentwickelter Kompetenzen geschaffen werden, könnten Studierende hiervon deutlich besser profitieren als durch eine Beurteilung nach dem Schulnotensystem.
      Der Frauenanteil ist in der Studienpopulation etwas höher als in der Gesamtpopulation Lübecker Medizinstudierender (70% vs. 67%) [

      Universität zu Lübeck, Sektion Medizin, Bereich Studium und Lehre. Weihnachtsbrief der Studiengangsleitung Humanmedizin. https://www.uni-luebeck.de/fileadmin/uzl_med/pdf/evaluation/Weihnachtsbrief/Weihnachtsbrief_2018_web.pdf, 2018.(zuletzt zugegriffen am 07. Mai 2020).

      ]. Die erhöhte Bereitschaft von Frauen, an Studien teilzunehmen, ist ein bekanntes Phänomen und könnte zu einem gewissen Selektionsbias in unserer Untersuchung geführt haben [
      • Sax L.J.
      • Gilmartin S.K.
      • Bryant A.N.
      Assessing response rates and non-response bias in web and paper surveys.
      ].
      Kritisch hinterfragt werden muss in diesem Zusammenhang, ob die ausgewählten 6 Items die für eine primärärztliche Tätigkeit wichtigen Kompetenzfelder vollständig abdecken. Vergleicht man die Itemformulierungen mit den CanMEDS-Rollen [

      J.R. Frank (Hrsg.). The CanMEDS 2005 physician competency framework. Better standards. Better physicians. Better care. http://www.ub.edu/medicina_unitateducaciomedica/documentos/CanMeds.pdf 2015 (zuletzt zugegriffen am 21. Juli 2020).

      ], dann sind vor allem die Kompetenzfelder „Medical expert“ und „Communicator“ abgedeckt. Auch „Professional“ und findet sich wieder (s.o.). Die anderen Kompetenzfelder („Manager“, „Collaborator“, „Scholar“, „Health advocate“) werden in der vorliegenden Version des Allgemeinarztbarometers nicht explizit erfasst. Es bedarf daher einer weiteren externen Validierung, um die Eignung des Instruments für eine umfassende Erhebung von für die primärärztliche Tätigkeit wichtigen Kompetenzen zu überprüfen.
      In weiteren Untersuchungen gilt es zudem, die Einschätzbarkeit der Entwicklung von Strategien gegen „Burnout“ durch Lehrärzt*innen im Blockpraktikum Allgemeinmedizin zu explorieren und ggf. durch entsprechende Hilfestellung zu verbessern.
      Das Instrument könnte darüber hinaus als Grundlage für die Übertragung des Konzeptes der EPA (s.o.) in die medizinische Ausbildung auch vor dem PJ dienen.

      Schlussfolgerungen

      Die jetzt durchgeführte Erprobung und Anpassung des ABA stellt einen wichtigen Schritt dar, um die Ausprägung und Entwicklung primärmedizinischer Kompetenzen bereits in der medizinischen Ausbildung im Sinne einer Fremdeinschätzung messbar zu machen. Es liegt nun ein deutschsprachiges Instrument hierfür vor, das grundsätzlich geeignet erscheint. Dies muss aber im Rahmen einer externen Validierung (z.B. durch Vergleich mit mittels OSCE beurteilten Kompetenzen) bestätigt werden. Weitere Studien sollten die Vollständigkeit des Kompetenzassessments und die Fremdeinschätzbarkeit bestimmter Aspekte in den Blick nehmen.

      Finanzierung

      Die Studie wurde aus Eigenmitteln der Institute für Allgemeinmedizin und Sozialmedizin und Epidemiologie (beide Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck) finanziert. Es wurden zudem Mittel der Universität zu Lübeck und ihrer Sektion Medizin bereitgestellt.

      Danksagungen

      Wir danken der Universität zu Lübeck und ihrer Sektion Medizin für die Bereitstellung von Ressourcen zur Durchführung der Studie, u.a. in Form von Gutscheinen als Incentives für Studienteilnehmer*innen.

      Interessenkonflikte

      Die Autor*innen geben an, dass keine Interessenkonflikte in Bezug auf das vorliegende Manuskript bestehen.

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