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Korrespondenzadresse: Max Geraedts, Institut für Gesundheitssystemforschung, Fakultät für Gesundheit, Universität Witten/Herdecke, Alfred-Herrhausen-Straße 50, 58448 Witten, Germany.
International data suggest that for-profit nursing homes tend to provide lower quality than not-for-profit nursing homes. In Germany, the relationships between profit orientation, price and quality of nursing homes have not been investigated.
Methods
We performed an observational study using secondary data from statutory quality audits of all nursing homes in Germany. The relationships were analyzed bivariately via Mann-Whitney U- and Kruskal-Wallis test, respectively, followed by a multivariate analysis of variance which also covered the interaction effect between quality, price and type of ownership.
Results
41% of 10,168 German nursing homes were for-profit organizations charging on average about 10% less than not-for-profit homes. In five out of six quality categories under study, for-profit nursing homes provided lower quality than not-for-profit homes. Quality of care in all quality categories improved with higher cost per day. However, with four out of six quality categories examined, the quality difference between for-profit and non-profit nursing homes persisted, irrespective independently of the price.
Conclusion
When selecting a nursing home it is therefore advisable to consider the profit orientation of the institution. German legislation should require that statutory public quality reports contain details on the profit orientation of nursing homes.
Zusammenfassung
Hintergrund
Internationale Studiendaten weisen darauf hin, dass profitorientierte Pflegeheime eine schlechtere Qualität bieten als nicht-profitorientierte. In Deutschland wurden die Beziehungen zwischen der Profitorientierung von Pflegeheimen und deren Qualität und Preisen noch nicht untersucht.
Methode
In einer Beobachtungsstudie auf der Basis der MDK-Pflegeheimbewertungen wurden die Beziehungen bivariat anhand von Mann-Whitney-U- und Kruskal-Wallis-Tests sowie multivariat anhand einer Varianzanalyse unter Berücksichtigung der Interaktionen zwischen Profitorientierung, Preisen und Qualität analysiert.
Ergebnisse
41% der 10.168 untersuchten deutschen Pflegeheime arbeiteten profitorientiert und verlangten im Durchschnitt 10% geringere Tagespreise als nicht-profitorientierte Pflegeheime. Bei vier der sechs berücksichtigten Qualitätskategorien boten die profitorientierten Pflegeheime eine signifikant schlechtere Qualität. Die Qualität verbesserte sich bei allen Qualitätskategorien mit steigenden Tagespreisen. Jedoch blieben die Qualitätsunterschiede zwischen profitorientierten und nicht-profitorientierten Pflegeheimen bei vier der sechs Kategorien auch unabhängig vom Preis bestehen.
Fazit
Bei der Auswahl eines Pflegeheimes sollte dessen Profitorientierung berücksichtigt werden. Die gesetzlichen Transparenzberichte der Pflegeheime sollten Angaben zur Profitorientierung enthalten.
Wie in anderen Industriestaaten, steigt auch in Deutschland aufgrund des demographischen Wandels das Risiko der Pflegebedürftigkeit kontinuierlich an. Immer mehr Menschen sind in höherem Alter auf Unterstützung im Bereich der Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL) angewiesen. Zwar wünschen sich die meisten Bürger eine Versorgung in ihrem Zuhause, dennoch kommen viele Menschen zumeist am Ende des Lebens nicht ohne eine stationäre Versorgung in einem Pflegeheim aus. Deshalb muss sich eine wachsende Anzahl von Bürgern mit der Frage auseinandersetzen, welches Pflegeheim für den jeweils individuellen Bedarf das Passende ist.
In Deutschland wird die Wahl eines Pflegeheimes dadurch erleichtert, dass seit dem Jahr 2009 alle Pflegeheime anhand einer gesetzlich festgelegten, zunächst 82 Kriterien umfassenden Prüfliste mindestens einmal pro Jahr vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen bei einem Vor-Ort-Besuch auditiert werden. Die Pflegeheime sind gezwungen, die Prüfergebnisse in den Pflegeheimen auszuhängen. Zudem werden alle Ergebnisse im Internet von den gesetzlichen Pflegeversicherungen veröffentlicht.
Die Pflegeversicherungen wurden in Deutschland im Jahr 1995 als verpflichtender Zweig aller gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen eingeführt [
]. Jeder Bürger ist seitdem gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit abgesichert. Gleichzeitig mit der Einführung der Pflegeversicherung wurde staatlicherseits der Ausbau sowohl ambulanter als auch stationärer Pflegeeinrichtungen gefördert. Dabei konnten sowohl nicht-profitorientierte öffentliche oder freigemeinnützige Träger als auch profitorientierte private Träger von Pflegeeinrichtungen eine staatliche Unterstützung erhalten. In der Folge erhöhte sich der Anteil profitorientierter Pflegeeinrichtungen in Deutschland zwischen 1999 und 2013 bei ambulanten Pflegediensten von 51% auf 64% und bei Pflegeheimen von 35% auf 41% [
Profitorientierte Anbieter von Pflegeleistungen haben in einem Markt, in dem gleichzeitig nicht-profitorientierte Anbieter existieren, grundsätzlich das Problem höherer Kapitalkosten, das unter anderem durch effizienteres Wirtschaften, höhere Preise oder Abstriche bei der Leistungsqualität ausgeglichen werden kann. Bei Erfahrungs- oder Vertrauensgütern wie den pflegerischen Dienstleistungen ist es für Verbraucher im Allgemeinen schwierig, die Qualität der Leistungen sicher einzuschätzen. Deshalb könnte sich für profitorientierte Anbieter eine bewusste Verringerung der Qualität zur Gewinnmaximierung in diesem Sektor anbieten [
]. Zudem scheint es strategisch am günstigsten zu sein, die Strategie der Kostenführerschaft zu verfolgen, da andere grundsätzliche Wettbewerbsstrategien wie die Differenzierungsstrategie oder die Nischenstrategie in einem Markt mit nicht-profitorientierten Dienstleistern wenig erfolgversprechend sind [
]. Die internationale Literatur zum Zusammenhang zwischen der Profitorientierung von Pflegeeinrichtungen und der Qualität der Leistungen belegt größtenteils die Evidenz dieser theoretischen Überlegungen. In einer Metaanalyse aus dem Jahr 2009 kamen Comondore et al. zu dem Schluss, dass nicht-profitorientierte Pflegeheime generell mit besserer Qualität versorgen als profitorientierte Pflegeheime [
]. Das Center for Medicare Advocacy in den USA rät aufgrund der überzeugenden Datenlage dazu, bei der Wahl eines Pflegeheims die Profitorientierung zu beachten und am besten ein nicht-profitorientiertes Pflegeheim auszuwählen [
Vor diesem Hintergrund war es Ziel der vorliegenden Studie, das Verhältnis zwischen der Profitorientierung von Pflegeeinrichtungen in Deutschland, deren Preisen und der Qualität der Versorgung zu untersuchen.
Methoden
Das Studiendesign entspricht einer Querschnittsstudie auf der Grundlage von Sekundärdaten. Die Datenquellen und die Operationalisierung der verschiedenen Variablen sowie das analytische Vorgehen werden im Folgenden erläutert.
Pflegeheime: Grundlage der Studie waren die jeweils aktuellsten Bewertungen aller Pflegeheime Deutschlands aus den Jahren 2011 bzw. 2012 aus der gesetzlich festgelegten Qualitätsprüfung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherungen. Die Daten wurden vom AOK-Bundesverband zur Verfügung gestellt und umfassten insgesamt N = 10.471 Pflegeheime, die eine vollstationäre Pflege anboten. Aus diesem Datensatz wurden diejenigen Pflegeheime ausgeschlossen, die sich nur auf Wachkomapatienten spezialisiert haben (N = 36), deren Trägerschaft nicht ersichtlich war (N = 43), deren Qualitätsdaten zu mehr als 50% unvollständig waren (N = 2) oder bei denen die Pflegeentgelte pro Monat fehlten (N = 222). Letztlich verblieben so N = 10.168 Pflegeheime für die Analysen.
Profitorientierung: Zu jedem Pflegeheim lagen die Angaben zur Trägerschaft vor, wobei zwischen profitorientierten privaten Pflegeheimen und nicht-profitorientierten öffentlichen sowie freigemeinnützigen Pflegeheimen unterschieden wird. Da nur 5% aller Pflegeheime in Deutschland unter öffentlicher Trägerschaft stehen, wurden die öffentlichen und die freigemeinnützigen Heime in einer Kategorie „nicht- profitorientiert“ zusammengefasst.
Preise: Die im Datensatz vorhandenen Kostenangaben umfassten zu jedem Pflegeheim die Kosten pro Tag für die Pflege sowie Unterkunft und Versorgung. Die Investitionskosten der Heime, die ebenfalls jedem Pflegebedürftigen anteilsmäßig in geringem Umfang in Rechnung gestellt werden, waren im Datensatz nicht enthalten und wurden daher bei der Berechnung der Preise pro Pflegeheim nicht aufgenommen. Zudem unterscheiden sich die Preise pro Pflegebedürftigem in Abhängigkeit vom jeweiligen Pflegebedarf. Dieser Pflegebedarf wird in drei Pflegestufen ausgedrückt, wobei die bundesweite Verteilung der Pflegebedürftigen in Pflegeheimen Deutschlands auf diese drei Stufen für die Pflegestufe I 38,12%, Pflegestufe II 40,29% und Pflegestufe III 20,45% beträgt. Da der Anteil der Pflegebedürftigen in den Pflegestufen I-III pro Pflegeheim unbekannt war, wurde eine Gleichverteilung angenommen und der Tagespreis pro Pflegeheim als gewichtetes Mittel der bundesweiten Pflegestufenverteilung berechnet.
Die durchschnittlichen Preise der Pflegeheime unterscheiden sich stark zwischen den 16 Bundesländern in Deutschland. Deshalb wurden für die Berechnungen des Zusammenhangs zwischen den Preisen und der Qualität der Versorgung jeweils fünf Preisgruppen pro Bundesland mit annähernd gleicher Zahl von Pflegeheimen gebildet. Anschließend wurden alle Pflegeheime der jeweiligen fünf Preiskategorien bundesweit zusammengefasst und der Preis als kategoriale Variable für die Analysen verwendet.
Qualität der Versorgung: Zur Beurteilung der Qualität der Versorgung in den Pflegeheimen wurden die Bewertungen genutzt, die der Medizinische Dienst der Krankenversicherungen im Rahmen der unangemeldeten Prüfungen im Zeitraum 2011-2012 erhoben hatte. Die Prüfung erfolgte anhand eines Kataloges aus 82 Kriterien [
]. Darunter befinden sich 18 Kriterien, die im Rahmen einer Zufriedenheitsbefragung der Bewohner erhoben werden, 38 Kriterien werden je nach Größe des Pflegeheims an einer Stichprobe von 5-15 Pflegeheimbewohnern erhoben; die übrigen Kriterien werden pro Einrichtung beurteilt. Bei den bewohnerbezogenen Kriterien werden die Werte der einzelnen Bewohner jeweils pro Kriterium zu einer Gesamtnote zusammengefasst, die eine Skala von 1-5 umfasst. Die einrichtungsbezogenen Kriterien werden nur dichotom (vorhanden/nicht vorhanden) beurteilt.
Für die Studie wurden die Kriterien inhaltlich folgenden Kategorien zugeordnet: Einrichtungsstrukturen (4 Kriterien, z. B. „gesicherte Aufenthaltsmöglichkeiten im Freien vorhanden“), pflegerische Prozesse (23 Kriterien, z. B. „erforderliche Dekubitusprophylaxen werden durchgeführt“), Betreuungsprozesse (16 Kriterien, z. B. „Kontaktpflege zu den Angehörigen gewährleistet“), Dokumentation der Pflege (7 Kriterien, z. B. „individuelles Sturzrisiko erfasst“), Pflegeergebnisse (2 Kriterien, z. B. „Ernährungszustand angemessen“) und Qualitätsmanagement (5 Kriterien, z. B. „schriftliche Verfahrensanweisung bei Notfällen existiert“). Fünf Kriterien wurden bei den Analysen nicht berücksichtigt, da mehr als 50% der Werte fehlten. Zwei weitere Kriterien konnten nicht genutzt werden, da sie aufgrund ihrer zugrundeliegenden Skala nicht der inhaltlich passenden Kategorie zugeordnet werden konnten. Zudem wurden die Kriterien aus den Zufriedenheitsbefragungen der Bewohner nicht genutzt, da diese Befragungen auf der Basis eines nicht validierten Befragungsinstrumentes und mit zumeist unzureichender Fallzahl und Stichprobenziehung stattgefunden hatten [
Statistik: Der Zusammenhang zwischen der Profitorientierung und den Preisen der Pflegeheime auf der einen Seite und der Qualität der Versorgung auf der anderen Seite wurde zunächst bivariat mittels Mann-Whitney-U-Test bzw. Kruskal-Wallis-Test getestet; anschließend erfolgte eine multivariate Varianzanalyse, in die auch der Interaktionseffekt zwischen Preis und Trägerschaft einging. Zudem wurden Post Hoc Tests mit Bonferroni Holm Adjustierung für multiples Testen durchgeführt, um die Richtung der Zusammenhänge zwischen den einzelnen Variablen im Einzelnen aufzudecken. Alle deskriptiven und analytischen Auswertungen wurden mithilfe der Statistiksoftware SPSS Version 22 durchgeführt.
Ergebnisse
Die absolute und relative Häufigkeit profitorientierter und nicht-profitorientierter Pflegeheime in Deutschland sowie deren durchschnittliche Tagespreise für Pflege, Unterkunft und Versorgung zeigt Tabelle 1. Die rund 40% Pflegeheime in profitorientierter Trägerschaft waren durchschnittlich pro Tag um 9,17 €, d.h. mehr als 10% preiswerter als nicht-profitorientierte Pflegeheime.
Tabelle 1Anzahl / Anteil und Tagespreise der profitorientierten und nicht-profitorientierten Pflegeheime in Deutschland.
In Tabelle 2 sind die durchschnittlichen Preise der Pflegeheime in den fünf gebildeten Preisgruppen aufgeführt. Die hohen Spannweiten resultieren aus der Zusammenführung der Pflegeheime aus den verschiedenen Bundesländern. In den günstigsten beiden Quintilen 1 und 2 befanden sich 69% der profitorientierten Pflegeheime, aber nur knapp 20% der nicht-profitorientierten Pflegeheime.
Tabelle 2Durchschnittlicher Tagespreis und Anzahl der profitorientierten und nicht-profitorientierten Pflegeheime pro Preisquintil.
Den bivariaten Zusammenhang zwischen der Profitorientierung der Pflegeheime und der Qualität der Versorgung zeigt Tabelle 3. Außer bei der nur aus zwei einzelnen Kriterien bestehenden Kategorie Pflegeergebnisse existierten bei allen anderen fünf Qualitätskategorien hochsignifikante Unterschiede im Mann-Whitney-U-Test: nicht-profitorientierte Pflegeheime boten durchgängig eine bessere Qualität der Versorgung als profitorientierte Pflegeheime.
Tabelle 3Beziehung zwischen der Profitorientierung und der Qualität der Versorgung in deutschen Pflegeheimen (Mann-Whitney-U-Test).
Tabelle 4 zeigt den bivariaten Zusammenhang zwischen den fünf Preisquintilen und den Qualitätskategorien. Für alle Kategorien galt, dass mit ansteigendem Preis die Qualität der Versorgung in Pflegeheimen in Deutschland stetig zunahm.
Tabelle 4Beziehung zwischen Tagespreis-Qunitilen und der Qualität der Versorgung in deutschen Pflegeheimen (Kruskal-Wallis-Test).
Die Ergebnisse der multivariaten Varianzanalyse gibt Tabelle 5 wieder. Zudem veranschaulicht die Abbildung die Zusammenhänge zwischen den Preisen der Pflegeeinrichtungen, der Profitorientierung und den sechs betrachteten Qualitätskategorien (s. Abbildung). Wie in der bivariaten Betrachtung verbesserte sich demnach die Qualität der Versorgung unabhängig von der Profitorientierung der Pflegeheime in allen Qualitätskategorien mit steigendem Preis pro Tag. Die Profitorientierung alleine spielte jedoch auch eine Rolle. Bei den Pflegeprozessen, Betreuungsprozessen, dem Qualitätsmanagement und der Einrichtungsstruktur schnitten die profitorientierten Pflegeheime auch unabhängig vom Preis der Einrichtung schlechter ab als die nicht-profitorientierten Pflegeheime. Jedoch zeigte sich die Profitorientierung nicht bei allen Qualitätskategorien als unabhängig vom Preis der Einrichtung. Denn wenn der Preis der Pflegeheime gleichzeitig in Betracht gezogen wurde, dann existierten zwischen der Dokumentationsqualität sowie den Versorgungsergebnissen einerseits und der Profitorientierung der Einrichtungen andererseits keine Zusammenhänge mehr (s. Tab. 5).
Tabelle 5P-Werte und erklärte Varianz (R2) der multivariaten Beziehung zwischen den Tagespreisquintilen, der Profitorientierung und der Qualität der Versorgung sowie deren Interaktionen in deutschen Pflegeheimen.
Abbildung 1Qualität der Versorgung in sechs Kategorien in Relation zum Tagespreis (Preisquintile) und zur Profitorientierung deutscher Pflegeheime (N = 10.168) (die Skalen der Y-Achsen variieren)
Bei den Kriterien Betreuungsprozesse, Qualitätsmanagement und Einrichtungsstruktur gab es signifikante Interaktionen zwischen Preis und Trägerschaft. Die drei Grafiken auf der rechten Seite der Abbildung verdeutlichen, dass profitorientierte Pflegeheime ihre Qualität zwischen dem 1. und 2. Preisquintil stärker verbesserten als nicht-profitorientierte Pflegeheime (s. Abbildung). Jedoch erreichten die profitorientierten Pflegeheime bei diesen drei Kategorien nur in einem Quintil ein höheres Qualitätsniveau als nicht-profitorientierte Pflegeheime.
Über alle sechs Qualitätskategorien hinweg lag das Qualitätsniveau der profitorientierten Pflegeheime in sieben von 30 vergleichbaren Preisquintilen über dem der nicht-profitorientierten Pflegeheime. Zusätzlich durchgeführte Post hoc Tests mit Bonferroni Holm Adjustierung bestätigten den grafischen Eindruck, dass vor allem in den unteren Preisquintilen signifikante Unterschiede in Relation zur Profitorientierung bestanden, während im oberen Preisquintil keine statistisch signifikanten Unterschiede mehr festzustellen waren. Zudem wurde deutlich, dass sich über alle Qualitätskategorien hinweg ein Großteil der signifikanten Verbesserungen bis zum dritten Preisquintil abspielte, darüber hinaus waren nur noch konsistent signifikante Qualitätsverbesserungen bei den Pflegeprozessen zu erkennen.
In der Zusammenschau der Ergebnisse der Tabelle 3, Tabelle 4, Tabelle 5 sowie der Abbildung muss konstatiert werden, dass sich alle festgestellten Unterschiede auf einem niedrigen Niveau befanden und die Pflegeheime durchweg sehr gute Bewertungen erhielten. Die Varianz der Qualitätsunterschiede zwischen profitorientierten und nicht-profitorientierten Pflegeheimen sowie zwischen Pflegeheimen der verschiedenen Preisquintile wurde deshalb durch das multivariate Modell nur zu höchstens rund 3% aufgeklärt.
Diskussion
Profitorientierte Pflegeheime in Deutschland bieten im Vergleich zu nicht-profitorientierten Pflegeheimen insgesamt eine geringere Qualität. Ein Teil der Unterschiede lässt sich dadurch erklären, dass profitorientierte Pflegeheime durchschnittlich geringere Preise verlangen und die Qualität der Pflegeheime hochsignifikant mit deren Preis zusammenhängt. Bei vier von sechs untersuchten Qualitätskategorien besteht jedoch der Qualitätsunterschied zwischen profitorientierten und nicht-profitorientierten Pflegeheimen auch unabhängig vom Preis. Pflegeheime in Deutschland scheinen demnach größtenteils die von M. Porter beschriebene Wettbewerbsstrategie der Kostenführerschaft zu verfolgen und dabei Abstriche an der Qualität in Kauf zu nehmen [
Die Studienergebnisse aus Deutschland bestätigen Ergebnisse der internationalen Literatur, die ebenfalls eine geringere Qualität bei profitorientierten Pflegeheimen festgestellt haben [
]. Zudem werden Ergebnisse aus Deutschland bestätigt, die an einer kleineren Stichprobe von Pflegeheimen bereits den Zusammenhang zwischen den Preisen der Pflegeheime und der Qualität festgestellt hatten [
]. Neu ist die Erkenntnis der vorliegenden Studie, dass die Qualitätsunterschiede in deutschen Pflegeheimen auch unabhängig vom Preis existieren. Gerade im unteren Preissegment ist die durchschnittliche Qualität profitorientierter Pflegeheime eindeutig schlechter als die Qualität nicht-profitorientierter Pflegeheime aus dem gleichen Preissegment. Im obersten Preissegment unterscheiden sich die Pflegeheime in Relation zu ihrer Profitorientierung kaum noch.
Die Unterschiede in den Qualitätsbewertungen sind absolut gesehen zwar gering, jedoch ist die Konsistenz der Ergebnisse beeindruckend - sowohl in Bezug auf die stetige Zunahme der Qualität in allen Qualitätskategorien mit steigendem Preis der Pflegeheime als auch in Bezug auf die Unterschiede zwischen profitorientierten und nicht-profitorientierten Pflegeheimen. Nur bei der Qualitätskategorie ‚Pflegeergebnisse‘ scheinen die profitorientierten Pflegeheime bei Betrachtung der Grafik leicht im Vorteil zu sein. Statistisch bestehen jedoch keine Unterschiede. Zudem ist zu bedenken, dass in diese Kategorie nur zwei Indikatoren einfließen, die Varianz in den Beurteilungen äußerst gering ist und fast alle Pflegeheime in Bezug auf diese Pflegeergebnisse Bestnoten erzielen.
Betrachtet man die berichteten Interaktionen zwischen den Preisen der Pflegeeinrichtungen und deren Profitorientierung, dann bietet sich folgende Interpretation an: insbesondere bei profitorientierten Pflegeheimen lohnt es sich, ein Pflegeheim auszuwählen, das einer höheren Preiskategorie angehört. Nur so kann garantiert werden, dass zumindest im Durchschnitt eine vergleichbare Qualität vorgehalten wird wie bei nicht-profitorientierten Pflegeheimen. Dagegen spielt bei nicht-profitorientierten Pflegeheimen der Preis der Einrichtung nur eine untergeordnete Rolle. Hier sind schon in der untersten Preiskategorie viele Pflegeheime zu finden, die eine Qualität auf höchstem Niveau bieten.
Limitationen: Bei der Interpretation der Studienergebnisse sind einige Limitationen zu bedenken. Zunächst erlaubt das Studiendesign einer Querschnittsstudie keine Ableitung einer Kausalbeziehung. Zwar legen die angeführten wirtschaftswissenschaftlichen Theorien von Porter und Hansmann [
] nahe, dass eine solche Kausalbeziehung existiert. Dennoch kann aufgrund des Studiendesigns nur festgestellt werden, dass profitorientierte Pflegeheime auch in Deutschland im Durchschnitt eine schlechtere Qualität bieten als nicht-profitorientierte Pflegeheime; ob die Profitorientierung dafür Verantwortung trägt, muss offen bleiben.
Eine weitere wichtige Begrenzung der Studie liegt im Beurteilungssystem der Qualität der Pflegeheime. Der Großteil der verwendeten Beurteilungskriterien besitzt nur eine geringe Diskriminationsfähigkeit, wobei fast alle Pflegeheime gute bis sehr gute Noten erhalten. Zudem wird die Ergebnisqualität kaum gemessen. Diese Kritikpunkte werden in Deutschland schon seit Jahren angeführt [
]. Inzwischen kam es zu einer Teilüberarbeitung des Kriterienkataloges, jedoch nicht zu einer umfassenden Reform der Beurteilung, die von der Gesundheitspolitik mehrfach verschoben wurde. Solange die Überarbeitung aussteht, können daher nur die vorhandenen Daten genutzt werden. Aufgrund der Tatsache, dass eine Vollerhebung aller Pflegeheime und eine unverzerrte Stichprobe hohen Umfangs für die Analysen zur Verfügung standen, konnten dennoch die mit der Profitorientierung assoziierten Qualitätsunterschiede zwischen den Pflegeheimen statistisch abgesichert werden.
Weiterhin ist zu beachten, dass die Verteilung des Pflegebedarfs der jeweiligen Pflegeheimbewohner bei den Analysen nicht berücksichtigt werden konnte, da hierzu keine Informationen vorlagen. Für jedes Pflegeheim wurde deshalb angenommen, dass die individuelle Verteilung dem deutschen Bundesdurchschnitt entspricht, bei dem jeweils rund 40% der Pflegeheimbewohner den Pflegestufen I und II, und 20% der Pflegstufe III zugeordnet werden. Es ist unwahrscheinlich, dass sich diese Verteilung zwischen profitorientierten und nicht-profitorientierten Pflegeheimen in Deutschland in der Form unterscheidet, dass gerade in den profitorientierten Pflegeheimen mehr Schwerstpflegebedürftige untergebracht sind. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass die Qualitätsunterschiede in Relation zur Profitorientierung nicht durch eine unterschiedliche Zusammensetzung der Pflegeheimbewohner erklärt werden können.
Eine methodische Limitation besteht darin, dass die Voraussetzungen für die hier genutzte multivariate Varianzanalyse nicht erfüllt waren. Zum einen war keine multivariate Normalverteilung vorhanden; zum anderen war unklar, ob eine Homogenität der Varianz-Kovarianz-Matrizen gegeben war. Dazu kann angeführt werden, dass bei der großen vorliegenden Stichprobe eine relative Robustheit hinsichtlich des Alpha-Fehlers existiert. Zudem ergaben zusätzlich durchgeführte nicht-parametrische Tests dieselben Ergebnisse, weshalb die Ergebnisse der MANOVA in der vorliegenden Form interpretiert werden können.
Schlussfolgerung
Auch in Deutschland bieten profitorientierte Pflegeheime eine geringere Qualität als nicht-profitorientierte Pflegeheime. Zudem steht der Preis von Pflegeeinrichtungen mit der Qualität in Zusammenhang: bei höheren Preisen ist eine bessere Qualität zu erwarten, wobei dies vor allem für die durchschnittlich günstigeren, profitorientierten Pflegeeinrichtungen gilt. Bei der Auswahl eines Pflegeheims muss daher geraten werden, die Profitorientierung zu berücksichtigen. Wie schon in den USA, sollte auch bei der gesetzlich vorgeschriebenen Veröffentlichung der Qualitätsvergleichsdaten von Pflegeheimen in Deutschland verlangt werden, dass die Berichte Angaben zur Profitorientierung der Pflegeheime enthalten.
Ethik
Da keine personenenbezogenen Daten analysiert wurden und auch die Bewertung der Pflegeheime nur anonym erfolgte, musste die Studie nicht durch die Ethikkommission der Universität Witten/Herdecke begutachtet werden.
Danksagung
Für die Überlassung der Daten danken wir der Abteilung Pflege des AOK Bundesverbands. Der Zeitschrift Ageing International danken wir für das Recht, den Artikel in deutscher Sprache als Zweitpublikation veröffentlichen zu dürfen (Erstpublikation im Jahr 2015: DOI: 10.1007/s12126-015-9227-1).
☆Dies ist die deutschsprachige Zweitpublikation eines Artikels, der 2015 in der Zeitschrift Ageing International erschienen ist (DOI 10.1007/s12126-015-9227-1). Beiden Zeitschriften gebührt für diese Möglichkeit herzlicher Dank.