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Statutory health insurance dentists working in private practice have a duty to maintain and improve the quality of dental care. An individual practice's approach to quality management (QM) can be made to reflect the practice's philosophy on quality and standards and can be adapted to the specific requirements of the practice setting they are meant to serve. This study set out to collect data on the subjective perceptions of quality that exist among German dentists, and to canvass their views on the process and benefits of implementing QM systems. In doing so, this study aimed to identify the incentives and obstacles that currently exist in relation to the implementation and further development of practice-based QM systems.
Methods
As part of a nationally representative cross-sectional study, a random sample of 2,084 dentists was asked to complete a questionnaire on perceptions of quality and QM. The response rate was 40.3 % (n = 838). The study's primary end point was defined as the surveyed dentists’ interpretative description of quality. The study's secondary end point was defined as the dentists’ subjective evaluations of the benefits of QM in the day-to-day management of their own practices. Responses to open-ended questions were analysed using content analysis, while quantitative questions were analysed using descriptive univariate analysis.
Results
When analysing respondents’ subjective perceptions of quality (primary end point), the following dimensions were revealed as highly significant: patient (mentioned by 31.4 % of the responders), quality of treatment (29.5 %) and staff (14.8 %). As far as the benefits of QM in the day-to-day management of the respondent's own practices (secondary end point) were concerned, these appeared to be linked to the ease of implementation of the organizational tools offered by QM systems: managing emergencies, team meetings and procedural check lists were ranked as “can be implemented to a reasonable degree” and “can be fully implemented” by 82.3 %, 80.2 % and 79.9 % of respondents, respectively. There appeared to be a disconnect between the respondents’ subjective perceptions of quality and the benefits of QM as part of day-to-day practice management, with QM systems failing to reflect the respondents’ subjective views on quality.
Conclusions
The perceptions of QM among German statutory health insurance dentists are generally positive but marked by a disconnect between aspects of quality currently measured by QM systems and the dentists’ views on what is required in order to assess quality standards in relation to the dimensions „patient“, „quality of treatment“ and „staff“. A targeted review of the tools offered by QM systems may lead to improved ease of implementation. If QM is to form an integral part of clinical practice, all future developments need to consider the dentists’ subjective perceptions of quality and their attitudes towards QM.
Zusammenfassung
Hintergrund
Vertragszahnärzte sind zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität in ihrer Praxis verpflichtet. Qualitätsmanagement (QM) als Instrument der Praxisführung kann dabei dem eigenen Qualitätsverständnis und den spezifischen Bedürfnissen und Zielen entsprechend gestaltet werden. Es war daher das Ziel dieser repräsentativen Befragung von Vertragszahnärzten in Deutschland, Informationen zum subjektiven Qualitätsverständnis und der Selbsteinschätzung bezüglich der Umsetzung und des Nutzens von QM zu erhalten, um damit Anreize bzw. Barrieren bei der Umsetzung und Weiterentwicklung eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagements zu identifizieren.
Methoden
Im Rahmen einer bundesweiten Querschnittsstudie wurden 2.084 Vertragszahnärzte in einer Zufallsstichprobe gebeten, einen Fragebogen zum Qualitätsverständnis und QM zu beantworten. Die Ausschöpfungsquote betrug 40,3 % (n = 838). Primärer Studienendpunkt war die qualitative Beschreibung des subjektiven Qualitätsbegriffs der befragten Zahnärzte. Der sekundäre Studienendpunkt war die Einschätzung des Nutzens von QM bei der eigenen Praxisführung. Die offenen Fragen wurden einer zusammenfassenden qualitativen Inhaltsanalyse unterzogen. Die statistische Auswertung der quantitativen Fragen erfolgte als deskriptive univariate Analyse.
Ergebnisse
Die Studie liefert Einblicke in die subjektiven Qualitätsvorstellungen deutscher Vertragszahnärzte im Zusammenhang mit den Erfahrungen mit QM. Im Hinblick auf das subjektive Qualitätsverständnis werden die Dimensionen Patient (von 31,4 % der Zahnärzte genannt), Qualität der Behandlung (29,5 %) und Mitarbeiter (14,8 %) als sehr bedeutsam genannt. Die Bewertung des Nutzens von QM bei der eigenen Praxisführung liegt in der guten Umsetzbarkeit der organisatorischen Instrumente des QM; vor allem das Notfallmanagement, Teambesprechungen und Checklisten für organisatorische Abläufe werden von je 82,3 %, 80,2 % und 79,9 % der Zahnärzte mit „eher gut umsetzbar“ oder „voll und ganz umsetzbar“ bewertet. Zwischen dem subjektiven Qualitätsverständnis und dem berichteten Nutzen von QM für das Praxismanagement besteht ein Spannungsverhältnis, da die subjektiven Qualitätsaspekte im QM nicht optimal zur Geltung kommen.
Schlussfolgerung
Die Einstellung der Vertragszahnärzte in Deutschland zum QM ist grundsätzlich positiv, aber von nicht eingelösten Erwartungen bei der Erfüllung der subjektiven Qualitätsvorstellungen hinsichtlich der Dimensionen Patienten, Qualität der Behandlung und Mitarbeiter geprägt. Die Instrumente von QM sollten in dieser Hinsicht überprüft werden, ob der Grad der Integration erleichtert werden kann. Das subjektive Qualitätsverständnis der Zahnärzte und ihre Einstellung zu QM sollten bei der Weiterentwicklung von QM berücksichtigt werden, damit QM gelebt werden kann.
Aus Gründen der Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der männlichen und weiblichen Sprachform verzichtet. Gemeint sind immer, sofern nicht anders vermerkt, Frauen und Männer.
sind zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität der Behandlung wie auch der Praxisführung verpflichtet. Neben regelmäßigen Fortbildungen ist insbesondere die Implementierung von Qualitätsmanagement (QM) eine kontinuierliche Aufgabe. Qualitätsmanagement als Instrument der Praxisführung kann nach dem eigenen Qualitätsverständnis [
Quality systems in dentistry. Part 1. The increasing pressure for quality and implementation of quality assurance and improvement (QA/I) models in health care.
Aus der Forschung sind Ergebnisse zu einzelnen Aspekten des Qualitätsverständnisses im Hinblick auf QM verfügbar. Eine Interventionsstudie zur Effektivität von QM in zahnärztlichen Praxen hat nachgewiesen, dass die kontinuierliche Anwendung des Qualitätszyklus (plan do check act, PDCA) zu besseren Ergebnissen bei der Evaluation des QM führt [
]. Im Rahmen einer qualitativen Arbeit wurden Einschätzungen und Erfahrungen von Zahnärzten mit dem Qualitätsmanagement über qualitative Interviews erhoben [
Eine qualitative Interviewstudie mit Hamburger Zahnärzten zur kritischen Reflexion der Qualitätsmanagement-Richtlinie. Bachelorarbeit im Studiengang Gesundheitswissenschaften. Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg,
Hamburg2011
]. Dabei stellte sich heraus, dass der Grad der Umsetzung der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) über grundsätzliche Anforderungen an ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement in der vertragszahnärztlichen Versorgung keinen oder nur wenig Einfluss auf das vorhandene Qualitätsverständnis in der zahnärztlichen Praxis hatte. Eine weitere Anwenderbefragung hat jedoch gezeigt, dass QM Optimierungspotenziale für Zahnarztpraxen hinsichtlich einer Verbesserung der Praxisorganisation, insbesondere verbesserter Arbeitssystematik und Kommunikation des Praxisteams bietet [
]. Aus berufssoziologischer Perspektive wird beschrieben, dass Zahnärzte großen Wert auf professionelle Autonomie und freiberufliche Berufsausübung legen; in Bezug auf die Qualität der Patientenversorgung sehen sie sich in hohem Maße selber in der Verantwortung [
Ein systematischer Zusammenhang zwischen dem subjektiven Qualitätsverständnis und der Anwendung bzw. Akzeptanz von Instrumenten des QM ist hingegen noch nicht erforscht [
Evidence: Are clinicians engaged in quality improvement? A review of the literature on healthcare professionals’ views on quality improvement initiatives.
]. Zur Ermittlung dieses strukturellen Wissens eignen sich Methoden der empirischen Sozialforschung. Sie vermögen den Einfluss von QM auf Praxisabläufe, auf Behandlungsabläufe und -ergebnisse im Sinne der Erstellung eines Qualitätsprofils zu erfassen, um in der Folge Instrumente der Qualitätsförderung weiter zu etablieren [
Um ein besseres Verständnis dafür zu bekommen, welche Einstellungen und welches Qualitätsverständnis Zahnärzte haben, wird in dieser Studie das Referenzsystem der teilnehmenden Zahnärzte in Bezug auf Qualität untersucht [
Evidence: Are clinicians engaged in quality improvement? A review of the literature on healthcare professionals’ views on quality improvement initiatives.
]. Im Rahmen der vorliegenden Querschnittsstudie wird daher eine „Momentaufnahme“ abgebildet. Es war das Ziel dieser repräsentativen Befragung von Vertragszahnärzten in Deutschland, Informationen zum subjektiven Qualitätsverständnis und der Selbsteinschätzung bezüglich der Umsetzung und des Nutzens von QM zu erhalten, um damit Anreize bzw. Barrieren bei der Umsetzung und Weiterentwicklung eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagements zu identifizieren.
Studienteilnehmer und Methoden
Es handelt sich um eine bundesweite Querschnittsstudie in Form eines Fragebogensurveys, für die im September 2013 eine Stichprobe von Vertragsahnärzten aus dem Bundeszahnarztregister der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung gezogen wurde. Das Register setzt sich zusammen aus Informationen der Landesregister der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZVen), in denen ein Eintrag für vertragszahnärztlich tätige Zahnärzte verpflichtend ist. Das Studienprotokoll wurde einem Gutachterausschuss bestehend aus Vertretern des Geschäftsführenden Vorstands der Bundeszahnärztekammer und des Vorstands der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung vorgelegt, um eine Freigabe des Bundeszahnarztregisters zur Stichprobenziehung vor dem Hintergrund der verpflichtenden Qualitätsförderung gemäß § 136 SGB V zu ermöglichen.
Fallzahl und Ziehungsprozedur
Die Ziehung der Studienteilnehmer erfolgte nach Clusterung der Adressen in KZV-Bereiche durch Auswahl jedes 22. Zahnarztes, beginnend mit der ersten Registeradresse aus dem jeweiligen Bereich der 17 KZVen in alphabetischer Reihenfolge, wodurch sich ein Bruttoansatz von 2.084 Zahnärzten ergab (Abb. 1). Im Anschluss an die Bruttoadressenziehung erfolgte ein Abgleich der in der Stichprobe gezogenen Zahnärzte in Bezug auf die Alters-, Geschlechter- und Regionalverteilung um sicherzustellen, dass die Stichprobe bezüglich der soziodemografischen Merkmale repräsentativ im Hinblick auf die Grundgesamtheit war. Die Fragebögen wurden vor dem Versand mit einer fortlaufenden Paginiernummer versehen, um in jedem Recall gezielt die Non-Responder anschreiben zu können.
Abbildung 1Flussdiagramm der ein- und ausgeschlossenen Studienteilnehmer im Verlauf (Stichprobenziehung und Rückläufe)
Die Stichprobenziehung und -überprüfung wurde durch Mitarbeiter der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung durchgeführt, die auch die Paginierung, Adressierung und den Versand der Fragebögen sowie die Rücklaufkontrolle der zurückgesandten Fragebögen zum Adressenabgleich für die Recalls sicherstellte. Die Auswertung der Daten erfolgte am Institut der Deutschen Zahnärzte. So wurde gewährleistet, dass keine Rückschlüsse personenbezogener Daten bei der Auswertung möglich waren und eine pseudonymisierte Analyse der Studiendaten garantiert.
Studienteilnehmer
Einschlusskriterium für eine Teilnahme an der Studie war ein Eintrag im Bundeszahnarztregister als vertragszahnärztlich tätiger Zahnarzt im September 2013. Ausgeschlossen wurden Zahnärzte mit Fachzahnarztkennung, also Fachzahnärzte für Kieferorthopädie, Oralchirurgie, öffentliches Gesundheitswesen und Parodontologie. Eine überörtliche Zahnarztpraxis mit mehreren Niederlassungen in unterschiedlichen KZV-Bereichen wurde im Anschluss an die Ziehung aus der Stichprobe entfernt, um Dopplungen in der Studienteilnehmerauswahl zu vermeiden.
Studiensetting und Fragebogenkonzeption
Die nach oben beschriebener Methodik zufällig ausgewählten Zahnärzte wurden kontaktiert und gebeten, einen 13-seitigen Fragebogen mit 14 geschlossenen und vier offenen Fragen zum Qualitätsverständnis und Qualitätsmanagement sowie acht Fragen zur Soziodemografie zu beantworten. Der Fragebogen wurde mit Experten aus der empirischen Sozialforschung entwickelt und im Juli und August 2013 in einem Pretest auf Adäquanz, kognitionspsychologische Stimmigkeit und Suggestibilität überprüft, anschließend finalisiert und im Oktober 2013 an die in der Stichprobe generierten Adressen mit einem Anschreiben und voradressiertem Freirückumschlag versandt. Vier Wochen nach dem Erstversand erfolge ein erster und weitere zwei Wochen später ein zweiter Recall. Der erste Recall enthielt erneut den Fragebogen in Papierform, während der zweite Recall sich auf ein Motivationsschreiben beschränkte. Alle bis zum 16. Dezember 2013 im Institut der Deutschen Zahnärzte eingegangenen Fragebögen wurden in die Studienauswertung eingeschlossen.
Studienendpunkte
Primärer Studienendpunkt war (a) die qualitative Beschreibung des subjektiven Qualitätsbegriffs der befragten Zahnärzte. Der sekundäre Studienendpunkt war (b) die Einschätzung des Nutzens von QM bei der eigenen Praxisführung.
Auswertungsstrategie und Statistik
Der primäre Endpunkt wurde anhand der Antworten zu einer offenen Frage nach dem subjektiven Qualitätsbegriff ausgewertet. Diese wurden von einem unabhängigen Mitarbeiter aus dem Bereich der qualitativen Sozialforschung, der ansonsten nicht in die Studie einbezogen war, erfasst und einer zusammenfassenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring [
] unterzogen. Dabei wurde das Ausgangsmaterial gebündelt und in einem Verallgemeinerungsprozess wurden induktiv Kategorien definiert (Codierungsplan). Die Kategorien wurden abschließend nach Häufigkeit der genannten Themen bewertet sowie inhaltlich interpretiert. Durch diese Analyse wurden die Aspekte des Qualitätsbegriffs dargestellt, die den befragten Zahnärzten besonders wichtig waren. Für den sekundären Endpunkt wurde zunächst überprüft, ob die Aspekte, die sich in der qualitativen Analyse als am Wichtigsten herausgestellt hatten, durch das QM praktisch umsetzbar sind. In einem nächsten Schritt wurde ermittelt, wie sich die Durchführung des verpflichtenden QM auf Prozesse in der Praxis auswirkt, die diese wichtigsten Aspekte beinhalten. Dafür wurden zwei quantitative Fragen zur Umsetzbarkeit (mit 14 Unterkategorien) und zu den Auswirkungen (mit 8 Unterkategorien) von Qualitätsmanagement in der Praxis einer deskriptiven univariaten Analyse unterzogen.
Ergebnisse
Von 2.084 angeschriebenen Zahnärzten wurden 2.080 erreicht (Abb. 1). Der Erstversand des Fragebogens ergab einen Rücklauf von 20,5 %, der erste Recall von 10,3 % und der zweite Recall von 9,4 %, die Gesamtausschöpfungsrate betrug 40,3 %. Die soziodemografischen Merkmale der Teilnehmer sind Tabelle 1 zu entnehmen. In die Auswertung des primären Studienendpunktes wurden alle 691 (82,5 %) teilnehmenden Zahnärzte, die auf die offen gestellte Frage „Was bedeutet Qualität für Sie ganz persönlich in Ihrer Praxis?“ eine Antwort gaben, eingeschlossen (Tab. 2). Für die Auswertung des sekundären Studienendpunktes kamen grundsätzlich alle Studienteilnehmer in Frage (n = 838). Die mehrteiligen Fragen zur praktischen Umsetzbarkeit vom QM-Maßnahmen wurden von 14 bis 37 Zahnärzten nicht beantwortet (Tab. 3), die Fragen zu den Auswirkungen von QM auf konkrete Arbeitsprozesse in der Praxis beantworteten 5 bis 8 der Teilnehmer nicht (Tab. 4).
Tabelle 1Soziodemografische Angaben der Studienteilnehmer.
Tabelle 2Offene Antworten auf die Frage: „Was bedeutet Qualität für Sie ganz persönlich in Ihrer Praxis? Was ist aus Ihrer Sicht bzw. aus Ihrer eigenen Berufserfahrung das Allerwichtigste?“
Tabelle 4Verteilung der Antworten auf die Frage: „Wenn Sie sich jetzt einmal Ihr alltägliches Behandlungsgeschehen vorstellen: Wie wirkt sich QM auf konkrete Arbeitsprozesse in Ihrer Praxis aus?“
zu bewertendes Item
deutlich verschlechtert
verschlechtert
keinen Einfluss
verbessert
deutlich verbessert
n
%
n
%
n
%
n
%
n
%
n
Gesamt
838
Interne Dokumentation
833
1,0
8
2,9
24
33,7
281
53,1
442
9,4
78
Patientenbezogene Prozesse
833
0,5
4
1,1
9
70,3
586
24,4
203
3,7
31
Diagnose und Behandlung
830
0,6
5
1,3
11
75,1
623
20,0
166
3,0
25
Externe Prozesse
832
0,4
3
2,8
23
68,1
567
24,9
207
3,8
32
Maßnahmen zur Fehlervermeidung
832
0,6
5
1,3
11
44,7
372
47,5
395
5,9
49
Interne Kommunikation
833
0,2
2
3,2
27
49,1
409
41,4
345
6,0
50
Patienteninformation und -aufklärung, Patientenberatung
Primärer Studienendpunkt (a): Qualitative Beschreibung des subjektiven Qualitätsbegriffs
Auf die Frage nach der subjektiven Bedeutung von Qualität in der Praxis steht bei den Studienteilnehmern der Patient im Mittelpunkt (Tab. 2): „Patientenzufriedenheit“, „Jeden Patienten mit seinen Belangen ernst zu nehmen“, die „Rehabilitation des Patienten mit individuellem Optimum und nach den persönlichen Bedürfnissen“ sowie eine „optimale Versorgung und Zufriedenheit des Patienten“ werden als wichtigste Aspekte in Bezug auf Qualität gesehen. Das zweitwichtigste Qualitätsmerkmal ist die Qualität der Behandlung als eine „Bemühung um qualitativ hochwertige Behandlungsergebnisse“ und „Nachhaltigkeit der erbrachten Leistung“. Im Bezug auf Qualität haben die Mitarbeiter, ein „kollegiales Miteinander aller Beschäftigten in einer Praxis“, „Hand in Hand arbeiten mit den Angestellten“ und die „Zufriedenheit der Mitarbeiter“ für die befragten Zahnärzte den dritthöchsten Stellenwert. Qualität wird auch über die eigene Person definiert, sowie über Ausstattung und Materialien. Leitlinien und Dokumentation werden genannt, haben jedoch eine deutlich geringere Signifikanz. Qualität bedeutet für Zahnärzte vor allem „eine Versorgung auf hohem Standard, bei der sich sowohl der Zahnarzt als auch das Personal und der Patient gut und zufrieden fühlen“.
Sekundärer Studienendpunkt (b): Nutzen von QM bei der eigenen Praxisführung
Die Umsetzung des verpflichtenden QM gestaltet sich vor allem in organisatorischen Bereichen des Praxismanagements als gut durchführbar. Besonders gut bewertet werden die Umsetzbarkeit des Notfallmanagements, der Teambesprechungen und der Checklisten für organisatorische Abläufe. Weitere Bereiche des QM werden von den Studienteilnehmern überwiegend als „eher gut umsetzbar“ und „voll und ganz umsetzbar“ beschrieben. Lediglich der von der Eigeninitiative der Patienten abhängige und somit nur indirekt im Einflussbereich des Zahnarztes liegende Bereich der Förderung der Patientenmitwirkung und Patientenselbsthilfe wird in der Umsetzbarkeit weniger gut bewertet (Tab. 3).
Die gute Umsetzbarkeit der organisatorischen Bereiche des QM spiegelt sich in der praktischen Anwendung wider, nach Angaben der Mehrzahl der Studienteilnehmer haben sich Dokumentationsprozesse und auch Maßnahmen zur Fehlervermeidung durch die Einführung des QM verbessert. Überraschenderweise scheinen gerade die Bereiche, die im qualitativen Selbstverständnis der Zahnärzte besonders hoch bewertet werden – die Dimensionen Patient, Qualität der Behandlung sowie Mitarbeiter – durch die Einführung des QM nicht berührt zu werden. Auf konkrete Arbeitsprozesse in diesen Bereichen (patientenbezogene Prozesse, Patienteninformation und -aufklärung, Diagnose und Behandlung, Qualität des Behandlungsprozesses und interne Kommunikation) hat das verpflichtende QM nach Angaben der Studienteilnehmer keinen großen Einfluss (Tab. 4).
Diskussion
Die vorliegende Studie liefert Einblicke in die subjektiven Qualitätsvorstellungen deutscher Vertragszahnärzte im Zusammenhang mit den Erfahrungen mit QM. Im Hinblick auf den primären Endpunkt – das subjektive Qualitätsverständnis – werden die Dimensionen Patient, Qualität der Behandlung und Mitarbeiter als sehr bedeutsam genannt. Die Bewertung des Nutzens von QM bei der eigenen Praxisführung liegt in der guten Umsetzbarkeit der organisatorischen Instrumente des QM. Zwischen dem subjektiven Qualitätsverständnis und dem berichteten Nutzen von QM für das Praxismanagement besteht ein Spannungsverhältnis, da die subjektiven Qualitätsaspekte im QM nicht optimal zur Geltung kommen. Das positive Selbstkonzept in Bezug auf Qualität wird im QM nicht optimal gelebt.
Vergleich mit der Literatur
Die Ergebnisse dieser Studie bestätigen im Wesentlichen die Daten von Stellfeldt, die zeigen, dass die persönlichen Einschätzungen bzw. Erwartungen an QM und die Umsetzung divergieren können [
]. Ein statistischer Zusammenhang zwischen der Zielerreichung nach Einführung von QM und der Zufriedenheit des Praxisteams fand sich in der Studie nicht. In einer weiteren qualitativen Studie konnte Kolbe bei der Auswertung von leitfadengestützten Interviews drei Kategorien von Qualität ermitteln: (i) Patientenzufriedenheit, Schmerzfreiheit und zahnärztliche/zahntechnische Behandlungsergebnisse, (ii) Fortbildungsteilnahme und (iii) reibungslose Praxisabläufe [
Eine qualitative Interviewstudie mit Hamburger Zahnärzten zur kritischen Reflexion der Qualitätsmanagement-Richtlinie. Bachelorarbeit im Studiengang Gesundheitswissenschaften. Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg,
Hamburg2011
]. Diese Kategorien koinzidieren mit den in der vorliegenden Studien genannten Dimensionen Patient (i), Qualität der Behandlung (i, ii) und Mitarbeiter (iii).
In einer Studie von Micheelis et al. zum Rollenverständnis von Zahnärzten in Deutschland zur eigenen Berufsausübung wurde an erster Stelle die fachliche Fortbildung als positive Unterstützung zahnärztlicher Tätigkeit bei QM genannt, die von praktisch allen befragten Zahnärzten angegeben worden war und den in der vorliegenden Studie hohen Stellenwert der Qualität der Behandlung bestätigt. Gleiches gilt für die Bedeutsamkeit der Dimension „Mitarbeiter“, bei Micheelis et al. hatte die Fortbildung der Praxismitarbeiter mit 78 % gleichfalls einen hohen Stellenwert [
Eine vom Gemeinsamen Bundesausschuss beschlossene Qualitätsmanagement-Richtlinie Vertragszahnärztliche Versorgung (§ 135 a Abs. 2 Nr. 2 SGB V) bestimmt die grundsätzlichen Anforderungen an ein einrichtungsinternes QM im Sinne grundlegender Mindestanforderungen, wonach die an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Zahnärzte und zahnärztlichen Einrichtungen seit 2011 verpflichtet sind, ein einrichtungsinternes QM einzuführen und weiterzuentwickeln. In der Richtlinie sind die Bereiche Patientenorientierung, Diagnose- und Behandlungsprozesse sowie Mitarbeiterorientierung grundsätzlich bestimmt. Die Umsetzung von QM soll an einrichtungsspezifische Gegebenheiten und Bedingungen in den einzelnen Praxen ausgerichtet sein, wobei die subjektiven Erwartungen an das QM in der vorliegenden Studie dennoch nicht erfüllt werden. Die QM-Richtlinie ermöglicht andererseits, dass Vertragszahnärzte das Qualitätsmanagement für ihre Praxis individuell entwickeln.
Bedeutung der Ergebnisse
Unsere Studie zeigt, dass QM dann als nützlich für die eigene Praxisführung bewertet wird, wenn konkrete Arbeitsprozesse verbessert werden. Insbesondere sieht eine Mehrheit der Teilnehmer jedoch keinen Einfluss des QM auf Diagnose und Behandlung (75,1 %) und die Qualität des Behandlungsprozesses (70,9 %). Im subjektiven Qualitätsverständnis spielt die Qualität der Behandlung jedoch eine große Rolle (29,5 %). Dies steht der Akzeptanz von QM entgegen. Bereits 2005 wiesen Bergmann-Krauss und Boehme darauf hin, dass klinische Leitlinien Diagnose- und Behandlungsprozesse unterstützen würden, im einrichtungsinternen QM jedoch häufig ausgeklammert sind, da sich QM mehr auf die nicht-therapiebedingten Abläufe der Praxis bezieht [
]. In einem narrativen Review wurden die subjektive Wahrnehmung oder Einstellungen („perceptions or attitudes“) als wichtige Kontext-Faktoren bei der Qualitätsförderung identifiziert [
Evidence: Are clinicians engaged in quality improvement? A review of the literature on healthcare professionals’ views on quality improvement initiatives.
Die Sozialpsychologie konnte zeigen, dass nicht übereinstimmende kognitive Elemente (Wissenseinheiten, Meinungen, Überzeugungen) einen als unangenehm erlebten Zustand hervorrufen, der aus widersprüchlichen Erfahrungs- und Einstellungselementen in Bezug auf einen Gegenstand hervorgeht. Diese sogenannte kognitive Dissonanz wird zum Anlass, eine Änderung des als spannungsreich empfundenen Zustandes einzuleiten, beispielsweise durch die Suche nach neuer Information, Einstellungsänderungen oder Veränderung der Situationsbewertung [
Quality systems in dentistry. Part 1. The increasing pressure for quality and implementation of quality assurance and improvement (QA/I) models in health care.
]. Es entspricht dem reflexiven Berufsrollenverständnis der Zahnärzte, die beschriebenen Einstellungen im Hinblick auf die Berufspraxis zu reflektieren und so Kohärenz herzustellen [
BZÄK/KZBV., [Bundeszahnärztekammer/Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung] Agenda Qualitätsförderung. Grundsätze und Handlungsempfehlungen der Qualitätsförderung in der zahnmedizinischen Versorgung.
]. Aufgrund der Dissonanz zwischen den Ansprüchen an QM-Systeme einerseits, die aus dem Selbstverständnis von Qualität heraus bewusst oder unbewusst gestellt werden, und den nicht erfüllten Erwartungen bei der Nutzung der QM-Systeme andererseits entsteht eine kritische Haltung gegenüber den Möglichkeiten, die das QM für die eigene Praxis bietet. In der Folge kann die Dissonanz durch selektive Wahrnehmung vor allem der Enttäuschungen in den Bereichen des QM-Systems, die die gestellten Anforderungen nicht erfüllen konnten, zu einer überspitzen Kritik an dem QM-System als Ganzes führen. Ein Lösungsansatz im Sinne der kontinuierlichen Verbesserung könnte die Verbesserung der Qualitätsmanagementsysteme gerade in den Bereichen der Diagnose- und Behandlungs-, sowie der patientenbezogenen Prozesse sein.
Stärken und Schwächen der Studie
Unseres Wissens ist dies die erste Studie, für die ein Fragebogen zu Einstellungen und Umsetzung des QM in Deutschland entwickelt wurde, der eine Bezugnahme auf das subjektive Qualitätsverständnis von Zahnärzten erlaubt.
Bei postalischen Fragebogensurveys sind eine Reihe von systematischen Verzerrungen bekannt, die die Verallgemeinerung der Ergebnisse der Studie beeinflussen können. Bei einer postalischen Befragung ist beispielsweise zu erwarten, dass von den angeschriebenen Personen eher diejenigen antworten, die sich für das Thema QM besonders interessieren, sei es zustimmend oder ablehnend. Dies kann die Ausschöpfungsquote und auch die Ergebnislage beeinflussen. Ein Vergleich der Responder mit der angeschriebenen Stichprobe hinsichtlich Geschlecht, Alter und regionaler Zugehörigkeit zu einer Kassenzahnärztlichen Vereinigung ergab jedoch keine signifikanten Unterschiede im Bezug auf die Grundgesamtheit. Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei dieser Art von Befragung sozial erwünschte Antworten entstehen, wenn auch in geringerem Maße als bei Interviews oder Telefonbefragungen. Im Wissen um diese potenzielle Verzerrung sind besondere Anstrengungen bei der Anonymisierung – hier die strikte Trennung von Versand bzw. Recall und Datenauswertung – zu unternehmen und die Teilnehmer im Anschreiben darüber aufzuklären, dass sie nicht zu identifizieren sind. Bei der Interpretation der Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass es sich um eine Querschnittsstudie handelt, die einen Status quo abbildet. Gerade bei Themenfeldern, die wie QM noch sehr im Fluss sind, da es bei der Implementierung unterschiedliche Möglichkeiten im Hinblick auf die eigenen Ziele und Praxisbedürfnisse gibt, kann dies eine Limitation der Ergebnisreichweite bedeuten.
Schlussfolgerungen
Die Einstellung niedergelassener Vertragszahnärzte in Deutschland zu QM ist grundsätzlich positiv, aber von nicht eingelösten Erwartungen bei der Erfüllung der subjektiven Qualitätsvorstellungen hinsichtlich der Dimensionen Patient (z. B. Zufriedenheit/Wohlbefinden des Patienten, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Patienten), Qualität der Behandlung (z. B. qualitativ hochwertige Behandlung, optimaler Behandlungserfolg) und Mitarbeiter (z. B. vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Mitarbeitern, Zufriedenheit der Mitarbeiter) geprägt. Die Instrumente von QM sollten in dieser Hinsicht überprüft werden, ob der Grad der Akzeptanz erleichtert werden kann. Systematisch gewonnene Erkenntnis über die Effektivität von QM hinsichtlich der Kongruenz mit den subjektiven Qualitätsvorstellungen könnte die systematische Anwendung von QM fördern. Diese Aspekte, insbesondere aber auch der Wunsch nach Patienten- und Mitarbeiterzufriedenheit im Zusammenhang mit QM sollten in die QM-Fortbildungen der Kammern und KZVen Eingang finden, die den Ansprüchen ihrer Nutzer damit weiter gerecht werden könnten.
Andererseits ist zu bedenken, dass eine Qualitätsmanagement-Richtlinie, die in erster Linie der kontinuierlichen Sicherung und Verbesserung der Praxisorganisation dient, nicht alle Aspekte eines subjektiven Qualitätsverständnisses abbilden kann. Der Zahnarzt muss sich daher über den Stellenwert des QM-Systems in seinem persönlichen Qualitätsverständnis bewusst werden und ist in der Konsequenz gefordert, über die gesetzlich verpflichtenden Bereiche des QM weitere Instrumente zu implementieren, die der Förderung von Qualität in Bereichen dienen, die nicht oder nur in geringem Maße durch die Richtlinie berücksichtigt werden. So würde beispielsweise im Bereich „Patient“ die Interaktion in der Arzt-Patientenbeziehung zusätzliche Maßnahmen verlangen, um die Compliancesicherung im Rahmen der Prozessqualität sicherzustellen.
Das subjektive Qualitätsverständnis der Zahnärzte und ihre Einstellung zu QM sollten dennoch in stärkerem Maße bei der Weiterentwicklung von QM berücksichtigt werden, damit QM gelebt werden kann. Motivierung und Akzeptanz können durch nutzerorientierte Fortbildungen, die mit dem subjektiven Qualitätsverständnis arbeiten, gefördert werden.
Danksagungen
Die Autoren bedanken sich bei Herrn Dr. Dipl.-Sozw. Wolfgang Micheelis für die Methodenberatung und viele wertvolle Hinweise, bei Herrn Jörg Schmidt, Institut für Marktforschung im Gesundheitswesen, für die detaillierte Auswertung der offenen Fragen sowie bei der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und ihren Mitarbeitern, namentlich Frau Susanne Hein und Frau Brigitte Vilshöfer, für die Kooperation bei der Stichprobenziehung und dem Versand.
Interessenkonflikt
Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.
Quality systems in dentistry. Part 1. The increasing pressure for quality and implementation of quality assurance and improvement (QA/I) models in health care.
Eine qualitative Interviewstudie mit Hamburger Zahnärzten zur kritischen Reflexion der Qualitätsmanagement-Richtlinie. Bachelorarbeit im Studiengang Gesundheitswissenschaften. Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg,
Hamburg2011
Evidence: Are clinicians engaged in quality improvement? A review of the literature on healthcare professionals’ views on quality improvement initiatives.